Die Architektur einer Yacht legt den Grundstein dafür, wie barrierefrei sie letztlich ist. Bei einer rollstuhlgerechten Yacht-Architektur geht es darum, Raumaufteilung und Bauweise von Anfang an auf Zugänglichkeit auszurichten. Ein zentrales Prinzip ist dabei die Ebenerdigkeit: Wo immer möglich, werden Stufen vermieden. Das beginnt schon beim Deckslayout. Statt vieler kleiner Höhenunterschiede zwischen Salon, Kabinen und Außendeck setzt man auf flache Übergänge oder sanfte Rampen. In einigen Entwürfen sind die Hauptbereiche – etwa der Salon und die Eignerkabine – auf einer Ebene untergebracht, sodass ein Wechsel des Aufenthaltsorts ohne Treppensteigen gelingt. Wenn mehrere Decks unvermeidbar sind, plant man zumindest einen stufenlosen Zugang zu allen wichtigen Bereichen. Dies kann durch strategische Platzierung von Aufzügen oder Hebeplattformen erreicht werden, die vom unteren Deck bis zur Flybridge reichen.
Die Innenraumaufteilung wird großzügiger gestaltet als bei herkömmlichen Yachten gleicher Größe. Ein Rollstuhl benötigt Wendefläche: Deshalb kalkulieren Architekten in Gängen und Kabinen mehr Quadratmeter ein, als man es sonst tun würde. Das kann bedeuten, dass eine Yacht vielleicht eine Kabine weniger hat – zum Beispiel drei statt vier Gästekabinen – dafür aber eine davon explizit rollstuhlgerecht und geräumiger. Diese behindertengerechte Kabine liegt idealerweise auf dem Hauptdeck, um ohne Lift erreichbar zu sein, und verfügt über breite Türen sowie genug Platz neben dem Bett, um bequem mit dem Rollstuhl manövrieren zu können. Wie der niederländische Aquanaut-Entwurf zeigt, ist sogar die Integration einer höhenverstellbaren Küche und eines höhenverstellbaren Betts möglich, um den individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden. Solche Features erfordern zwar Planungsaufwand, fügen sich aber strukturell ein, indem Schränke und Versorgungsleitungen entsprechend angepasst werden.
Auch außerhalb der Kabinen setzt die Architektur auf Bewegungsfreiheit. Decks auf barrierefreien Motoryachten sind oft etwas breiter angelegt, um neben Sonnenliegen oder Möbeln noch ausreichend Platz für Durchfahrten zu lassen. Die Gangbord-Passagen entlang der Außenseiten werden so bemessen, dass ein Rollstuhl sicher passieren kann, ohne dass der Gast sich eingeengt fühlt. Außerdem wird auf Kopffreiheit geachtet – keine tief hängenden Elemente, an denen man sich stoßen könnte, und Türen mit ausreichender Höhe. Bei größeren Yachten fließt sogar die Rumpfform in die Überlegungen ein: Ein voluminöserer Rumpf kann mehr Innenraum und damit mehr Bewegungsfläche bieten, ohne die Stabilität zu beeinträchtigen. Katamarane, mit ihren zwei Rümpfen und dem breiten Aufbau, bieten von Natur aus mehr Platz und eine stabile Plattform – darauf gehen wir später noch genauer ein. Doch auch Einrumpf-Yachten können durch kluge Architektur erstaunlich barrierefrei werden.
Ein wichtiger Aspekt ist zudem die Integration der Technik in die Architektur. Schächte für Aufzüge oder Lifte werden in das Gerüst eingeplant, damit sie keinen nachträglichen Fremdkörper darstellen. Türen können als Schiebetüren in der Wand verschwinden, um Platz zu sparen. Die gesamte Verkabelung für automatische Türen, Sensoren oder Notrufsysteme wird in den Wänden und Decken so verlegt, dass sie einerseits leicht zugänglich für Wartung bleibt, andererseits aber die Innenästhetik nicht stört. Insgesamt zeichnet sich eine rollstuhlgerechte Yacht-Architektur durch Vorausschau und Kreativität aus: Sie denkt an die kleinen und großen Details – von der Breite der Korridore bis zur Positionierung der Lichtschalter in erreichbarer Höhe. Das Resultat ist ein durchdachtes Layout, das allen Gästen – ob mit oder ohne Rollstuhl – einen entspannten und uneingeschränkten Aufenthalt ermöglicht.
Nicht zuletzt berücksichtigen Yachtdesigner auch die Steuer- und Aufenthaltsbereiche. So kann beispielsweise der Steuerstand so konzipiert werden, dass ein Rollstuhlfahrer die Instrumente erreicht oder via Zweitsteuerung mit Joystick im Sitz navigieren kann. Solche Überlegungen fließen von Anfang an in die Planung ein, damit niemand ausgeschlossen ist, der selbst einmal das Ruder – oder in diesem Fall den Joystick – übernehmen möchte. Insgesamt zeigt die rollstuhlgerechte Yacht-Architektur, dass mit genügend Know-how und Wille fast jedes bauliche Hindernis gelöst werden kann. Was früher als unvereinbar galt – luxuriöses Yachtambiente und vollständige Zugänglichkeit – wird in modernen Konzepten architektonisch vereint.